Gemeinsam beladen wir Sektionsbus und Fahrradanhänger, fast alle kommen pünktlich. Ein Teilnehmer verspätet sich etwas, kommt aber genau richtig, um sein Rad als letztes auf den Anhänger laden zu können. Um 7.26 Uhr sind alle Sachen verstaut, wir sitzen im Bus und die Reise geht los.
Nach einer völlig unspektakulären Autobahnfahrt erreichen wir gegen 12 Uhr die Ferienwohnungen in Kleinlesau, die für die nächsten Tage unser Anlaufpunkt sein wird. Wir machen Brotzeit, ziehen uns um und nach dem obligatorischen Bike-Check sitzen wir schon auf unseren Rädern und radeln los zu unserer ersten Tour.
In den letzten Tagen hat es ausgiebig geregnet und auch Freitagvormittag sind noch ein paar Tropfen heruntergekommen, der Himmel ist vollständig mit regenschweren, dunklen Wolken bedeckt und wir hoffen, dass es nicht noch mehr regnen wird. Nach wenigen Metern Feldweg biegen wir in den ersten Trail ein, der Untergrund ist nass und die Wurzeln dementsprechend rutschig. Der Herbst hat begonnen, das Laub beginnt sich zu verfärben, hängt aber noch größtenteils fest an den Bäumen, gepaart mit den dunklen Wolken führt das dazu, dass es im Wald ziemlich finster ist. Konzentration ist angesagt, nasse Wurzel hier, nasse Wurzel da, ein paar feuchte Blätter sprenkeln den Trail. Immer wieder rutscht das Hinterrad weg oder wird von einer Wurzel oder einem Stein abgelenkt.
Wir überqueren eine Straße, nach ein paar Metern heißt es Stufen hochschieben und wir stehen vor dem ersten Highlight des Wochenendes, eine kleine Höhle, die wir durchfahren können, anschließend geht es weiter nach Tüchersfeld. Eng schmiegen sich Fachwerkhäuser an schroffe Felsnadeln, wir überqueren die B470 und radeln auf einer kleinen Brücke über die Püttlach, folgen dem Bachlauf bis nach Behringersmühle, wo die Püttlach in die Wiesent fließt. Jetzt geht es steil aufwärts, zwar nur ein Kilometer, aber 116 Hm wollen überwunden werden. Loses Geröll und rutschiger Fels erschweren den Anstieg, nur die wenigsten schaffen es bis ganz nach oben ohne abzusteigen und zu schieben. Oben ankommen, Luft holen, einen Schluck trinken und weiter geht’s. Ein Stück Hochebene, dann folgen wir den Wegen wieder in die Tiefe, überqueren die Wiesent und erklimmen die andere Seite des Tals. Das Auf und Ab begleitet uns das ganze Wochenende. Nie sind die Anstiege besonders lang, stellenweise aber dann doch besonders steil. Immer wieder zeigt mein Garmin Steigungen von über 20% an. Je nach Untergrund und Kondition fahrbar, aber nicht immer. Der Puls schießt in die Höhe, die Konzentration gilt der nächsten Pedalumdrehung, der Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad, nur nicht den Fuß absetzen. Rutscht das Hinterrad durch? Komme ich über den nächsten Stein, die nächste Wurzel ohne, dass das Vorderrad steigt und ich den Fuß absetzen muss? Manchmal ja, manchmal nein, manche packt der Ehrgeiz und sie kämpfen sich jede Rampe hoch. Man folgt dem Hinterrad des Vordermanns, schaut, wie fährt er die Wurzel an, wo hakt es, hält er durch, wie nimmt er die Felskante dort vorne? Schnell müssen Entscheidungen getroffen werden, groß Nachdenken ist nicht möglich, Zähne zusammenbeißen, die Oberschenkel brennen.
Geht es dann auf den Trails wieder nach unten, ist keinesfalls zurücklehnen und entspanntes Dahinrollen angesagt, nein, es lauern wahre Wurzelteppiche, Felsstufen, spitze Kehren und steile Abhänge. Stellenweise kann man gar nicht sagen, ob Fahren oder Schieben die günstigere Variante ist. So folgt Trail auf Trail, Anstieg auf Abstieg, immer wieder öffnet sich der dichte Wald und erlaubt spektakuläre Ausblicke in Täler und über kleinteilige Felder. Der Anblick mancher Felder ruft Ludwig Uhlands Zeilen aus der „Schwäbischen Kunde“ ins Gedächtnis:
Da selbst erhob sich große Not.
Viel Steine gab’s und wenig Brot.
Manchmal fällt es wirklich schwer zu sagen, ob da gerade mehr Steine auf dem Acker liegen oder mehr Erde.
Da man sich als Guide nie sicher sein kann, wie fit die Teilnehmer sind, ob das Wetter mitspielt, wie lange die Pausen werden und ganz allgemein, wie schnell man auf den Wegen vorankommt, habe ich die Touren jeweils so geplant, dass es immer mehrere Möglichkeiten gibt, um abzukürzen. Freitagnachmittag, führt uns unser Weg schließlich nach Pottenstein und wir genehmigen uns einen heißen Kaffee am Stadtplatz. Schon vorher haben wir beschlossen, von Pottenstein aus den direkten Weg zurück in die Unterkunft zu nehmen.
Wieder in der Unterkunft angekommen, wird geduscht, kurz ausgeruht, dann gibt es ein kulinarisches Schmankerl, der Brauereigasthof Held in Oberailsfeld. Auf der einen Seite des Ailsbachs wird das Bier gebraut und auf der anderen von uns getrunken. Schäufala, Rippla, Kraut und Kartoffelklöse, die fränkische Küche ist deftig und lecker. Gestärkt und müde treten wir anschließend den Weg zurück nach Kleinlesau an. Heute waren es 30 km und 700 Hm für die wir inklusive Pausen 4.40 Std. gebraucht haben.
Nach dem gemeinsamen Frühstück, zu dem jeder seinen Teil beisteuerte, schwingen wir uns wieder auf unsere Räder. Die Tour heute wird uns über unzählige Trails bis nach Pegnitz und wieder zurückführen. Auch heute haben wir wieder mehrere Möglichkeiten, um die sportlich geplante Tour einzukürzen. Der Himmel ist wieder bedeckt, Wurzeln und Steine sind frisch befeuchtet, in der Nacht hat es geregnet. Gegen Mittag erreichen wir Pegnitz und versorgen uns am Stadtplatz um ausreichend Energie für den zweiten Teil der Tour zu haben. Schön ist es, aber auch anstrengend, nicht nur für die Beine, auch für den Kopf, denn die rutschigen Verhältnisse auf den Trails fordern hohe Konzentration, so kommt die Pause gerade recht. Noch einen Espresso beim Italiener, dann sind wir wieder unterwegs. Nachdem wir den Schlossberg erklommen haben, biegen wir in einen kleinen Trail ein, der zwischen zwei Feldern entlangführt, das Besondere daran? Rechts und links von uns begrenzen Sträucher und Büsche die Felder und vereinigen sich über unseren Köpfen zu einem grünen Tunnel. Ziemlich lange radeln wir durch diesen Tunnel, bis er uns auf einem Feldweg ausspuckt, wo wir uns orientieren und unsere Fahrt fortsetzen.
Es ist Herbst und das heißt auch, dass das Obst reif ist. Die Wege führen uns an Pflaumen-, Apfel-, Birnen- und Mirabellenbäumen vorbei. Lecker, süß und saftig. Hier und da sind die Fahrspuren vollständig von einem Teppich aus Fallobst bedeckt. Bis zur Hohen Mirsberger Platte führt uns unsere Tour heute, dort erklimmen wir den Aussichtsturm und schauen in die Ferne, anschließend nehmen wir wieder den direkten Weg nach Kleinlesau. Duschen, ausruhen und dann wieder rein in den Sektionsbus, heute haben wir in der Behringersmühle zum Essen reserviert. Dort kümmert sich die Senior-Chefin rührend um uns und schildert lebhaft, die Veränderungen, die der Wirtsbetrieb in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg bis heute durchlaufen hat. Müde und mit vollem Magen beschließen wir den Tag. Heute waren es 50 km, 1100 Hm und wir waren alles in allem 6.30 Std. unterwegs.
Der Sonntagmorgen begrüßt uns mit dichtem Nebel. Bevor wir überhaupt unseren Bikecheck machen können, heißt es erstmal Schlauch wechseln, über Nacht hat sich an drei Rädern ein Plattfuß entwickelt. Die Tubeless Fahrer pumpen wieder auf, der Teilnehmer, der mit Schlauch unterwegs ist, tauscht, baut das Hinterrad wieder in sein MTB und schon ist der Reifen wieder platt. Also nochmal von vorne, Rad ausbauen, Reifen runter, platter Schlauch raus, neuer Schlauch rein und wieder zusammenbauen. Diesmal hält der Schlauch die Luft. Die Verzögerung hat den Vorteil, dass sich der Nebel inzwischen vollständig verzogen hat und uns die Sonne ins Gesicht lacht.
Erneut ziehen wir los, heute setzen wir da an, wo wir gestern aufgehört haben, also auf zur Hohen Mirsberger Platte, von dort schlagen wir uns in die Büsche und folgen dem Sparnaglesweg über die Bergrücken. Keine Wolken bedeutet auch, dass es im Wald heute deutlich heller ist, eine schöne Abwechslung und wesentlich weniger anstrengend für den Kopf. Nach einiger Zeit entdecken wir ein gebautes Hindernis, Zeit für eine kleine Fahrtechnikeinlage. Wir überfahren den Drop in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und feilen an unserer Technik, Fotos und Videos werden geschossen. Weiter geht’s zur nächsten interessanten Stelle, hier wurde eine Senke zu einem Sprung ausgebaut. Auch hier fährt jeder mehrere Durchgänge und versucht die Tipps, die ich vom Wegesrand zurufe, umzusetzen. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht geht es weiter, heute ist wieder alles dabei, Steilabfahrten, Spitzkehren und Höhlendurchfahrten wechseln sich ab mit Wurzelteppichen und kurzen Zwischenanstiegen. Die Fränkische Schweiz zeigt sich von ihrer schönsten Seite, als wir unsere Räder aus einer Höhle hinausschieben, begrüßt uns hoch oben die Burg Rabenstein, doch schon geht es weiter nach Oberailsfeld, dort erklimmen wir den letzten Anstieg des Wochenendes und machen Fotos beim Oberailsfelder Fahrradfahrer. Nach 20 Kilometern, 600 Höhenmeter und 3,5 Stunden sind wir wieder an der Unterkunft. Duschen, Brotzeit, packen und die Unterkunft bezahlen, dann sind wir wieder mit dem Sektionsbus unterwegs Richtung Heimat. Müde und glücklich erreichen wir gegen 18 Uhr Trostberg. Ausladen, Anhänger verstauen und noch ein Eintrag ins Fahrtenbuch beschließen dieses erlebnisreiche Wochenende.
Bericht u. Bilder: Andreas Ankenbrand